Immunglobulin- und IgG-Subklassenanalyse im Serum

Immunglobuline (Antikörper) sind für die humorale Immunität verantwortlich. Es handelt sich um Glykoproteine, welche von antigenspezifisch aktivierten B-Lymphozyten und Plasmazellen produziert und in das Blut abgegeben werden. Nach ihrer Struktur und ihren funktionellen Eingenschaften werden Immunglobuline in 5 Klassen eingeteilt.

 IgGIgMIgA                             IgD                 IgE
Molekulargewicht150000 Da970000 Da160000/385000 Da175000 Da190000 Da
Elektrophoretische
Fraktion
 γ1 - γ2

 
γ1

 
γ1-β



γ1


Vorkommen
 
Serum MuttermilchSerum
 
Serum Sekrete
 
Serum
 
Serum
 
normale Konzentration im Serum
(Erwachsene)
700 - 1600 mg/dl

40 - 230 mg/dl


70 - 400 mg/dl


4 mg/dl


0,03 mg/dl


Plazentagängikeit

 
ja
Klassen-abhängig
nein


nein


nein


nein


Komplementaktivierung

 
ja
Klassen-abhängig
ja

 
nein

 
nein

 
nein

 
Funktionelle Bedeutung



(protektive) Antikörper der sekundären Immunantwortprimäre Immunantwort


immunolog. Schleimhautbarriere


antigen-induzierte Reifung von B-ZellenSoforttypallergie, immunologische Abwehr von Parasiten

Für die humorale Immunabwehr sind die Klassen IgG, IgA und IgM bedeutsam. Von seltenen Krankheitsbildern abgesehen, sind jedoch nur der IgG- und IgA-Mangel klinisch relevant.

IgG-Mangel / IgG-Subklassenmangel

IgG-Mangelsyndrome können angeboren oder erworben sein. Bei der Hypogammaglobulinämie oder variabler, humoraler Immundefekt (= CVID = „common variable immunodeficiency“) zeigt sich zumeist eine deutliche Verminderung mehrerer IgG-Subklassen (häufig kombiniert IgG1 und 3 bzw. IgG2 und 4), häufig auch des IgA und IgM. Die Hypogammaglobulinämie tritt häufig erst im frühen Erwachsenenalter auf. Im Unterschied zu seltenen angeborenen Agammaglobulinämien sind die B-Zellen meist in normaler Zahl vorhanden. Ursache ist eine verminderte Antikörperproduktion durch die B-Zellen. Abgegrenzt werden muß ein Antikörperverlustsyndrom (Enteropathien, nephrotisches Syndrom) bei denen allerdings alle IgG-Subklassen gleichermaßen betroffen sind.

Die IgG-Subklassen sollten bei begründetem klinischen Verdacht auch bei normalen Gesamt-IgG-Konzentrationen untersucht werden, da diese einen IgG-Subklassenmangel nicht ausschließen (v.a. IgG3-Mangel mit einem Anteil von nur 4-8 % am Gesamt-IgG). Einzelne oder mehrere IgG-Subklassen können vermindert sein. Da sie sich in ihrer Reaktion gegenüber verschiedenen Antigenen unterscheiden, sind sie meist mit typischen Krankheitsbildern des Antikörpermangelsyndroms assoziiert.

IgG1
Die T-Zell-abhängige Antwort gegenüber viralen oder bakteriellen Proteinen ist überwiegend durch IgG1 und IgG3 bestimmt. Ein Mangel tritt oft, aber nicht immer zusammen mit IgG2 und IgG3 auf; häufig bei variablem Immundefektsyndrom; sekundären Immunstörungen, nephrotischem Syndrom. Bei kombiniertem IgG1 und IgG3-Mangel sind schwerwiegende Infekte, häufig mit obstruktiver, teilweise mit Bronchiektasenbildung einhergehende Lungenerkrankung möglich.

IgG2
Die Reaktion auf Kohlenhydratantigene (Streptokokkenprotein A, Pneumokokken, Kapselpolysaccharide) basiert überweigend auf IgG2. Bei einem Mangel treten gehäuft Infektionen mit bekapselten Bakterien der oberen und tiefen Atemwege auf. Autoimmunerkrankungen und Autoimmunthrombozytopenie sind häufiger. Bei Kindern sind kombinierte IgG2/IgG4-Mangelsyndrome beschrieben. 20 % der Patienten mit IgA-Mangel sind auch vom IgG2-Mangel betroffen. Beim IgG2-Mangel kann eine gestörte IFN gamma-Synthese ursächlich sein.

IgG3
enthält neben Antikörpern gegen bakterielle Proteine auch virusneutralisierende Immunglobuline. Bei Mangel treten rezidivierende Infekte der oberen Luftwege, Asthma bronchiale und Durchfälle gehäuft auf.

IgG4
Der isolierte Mangel ist häufig ohne klinische Relevanz (6% der Gesunden sind betroffen). Bei Bronchiektasen ist ein Mangel an IgG4 häufig. Die protektive Rolle des IgG4 bei Allergien beruht auf der Fähigkeit, auf Mastzellen zu binden und somit das spezifische IgE zu blockieren. Daher erscheint es gerechtfertigt, die Bildung spezifischer IgG4-Antikörper (insbesondere Hausstaub, Insektengigt und Pollen) als Maß für den Erfolg einer spezifischen Immuntherapie (Hyposensibilisierung) zu verwenden.

Pathologisch erhöhte IgG-Subklassenkonzentrationen sind häufig bei chronischer Antigenstimulation nachzuweisen. So finden sich bei HIV-Patienten typischerweise erhöhte IgG1- und IgG3-Spiegel, bei Patienten mit allergischer Alveolitis zeigt sich oft ein massiver Anstieg des IgG2; bei Mukoviszidose und auch bei Allergien kommt es zu einer polyklonalen Erhöhung von IgG4.
 

 

IgG-gesamt

IgG1

IgG2

IgG3

IgG4

Serumkonzentration %

100 %

60 - 70 %

14 - 20 %

4 - 8 %

4 - 6 %

Serumkonzentration mg/dl         

700 - 1600        

280 - 800

115 - 570

24 - 125

5,2 - 125

Komplementaktivierung

 

+++

+

+++

nein

Plazentagängigkeit

 

++

+/-

+++

+

Serumhalbwertzeit

 

21 - 23 Tage     

21 - 23 Tage     

7 - 9 Tage     

21 - 23 Tage     

Fc-Rezeptorbindung

Monozyten

 

ja

nein

ja

nein

Mastzellen

 

nein

nein

nein

ja

Neutrophile

 

ja

ja

ja

nein

Lymphozyten

 

ja

ja

ja

ja

Transienter IgG-Mangel beim Säugling

Fetales IgG entstammt dem mütterlichen Blut und erreicht die mütterliche Konzentration etwa um die 26. SSW. Das IgG der Mutter wird nach der Geburt mit einer Halbwertzeit von ca. 30 Tagen abgebaut. Der stetige Rückgang dieser Leihimmunität und die verzögerte Eigensynthese des Neugeborenen bedingen eine natürliche „Mangelphase“ insbesondere im 3.-5. Lebensmonat. Bei Verdacht auf angeborene Immundefekte im Kleinkindsalter empfiehlt sich die Vorstellung in einem spezialisierten pädiatrischem Zentrum ( www.immundefekt.de ).

Indikationen für die IgG-Subklassen-Bestimmung

  • Patienten mit häufigen Infektionen von Hämophilus influenzae oder Pneumokokken
  • Patienten mit unklaren IgG Mangelzuständen
  • Patienten mit rezividierender Sinusitis oder Otitis media
  • Patienten mit monokonalen Gammopathien
  • Patienten während einer Hyposensibilisierungstherapie
  • Patienten mit unklaren chronischen Atemwegserkrankungen

Therapeutische Konsequenz

Ist in Kombination mit einer Infektneigung ein IgG-Subklassenmangel gesichert, kann eine regelmäßige intravenöse oder subkutane IgG-Substitutionstherapie erwogen werden. Frühzeitige Antibiotikagaben sind dennoch anzuraten, um Infektionen zu begegnen, wenn diese trotz Immunglobulingabe auftreten sollten. Bei IgG2-Mangel sollte gegen Pneumokokken und Hämophilus immunisiert werden.

IgA ist v.a. für die Abwehr von Infektionen auf Schleimhäuten und in Körpersekreten notwendig. Bei der Hypogammaglobulinämie (variabler, humoraler Immundefekt, CVID, siehe oben) zeigt sich sehr häufig ein kombinierter IgG- und IgA-Mangel.

Der selektive IgA-Mangel ist die häufigste genetisch bedingte Immundefizienz. Die Störung wird als selektiv bezeichnet, weil andere Imunglobulinklassen wie IgM und IgG mit normalen Werten vorhanden sind. Die Inzidenz des IgA- Defektes wird mit ca. 1:500 angegeben. In 20 % der Fälle tritt gleichzeitig ein IgG-Subklassenmangel auf.

Bei gestillten Kindern erfolgt ein verspäteter Anstieg, daher kann die endgültige Diagnose eines IgA- Defektes nicht vor dem 2. Lebensjahr gestellt werden.

Hinweis:
Die Bestimmung des sekretorischen IgA ist ausschließlich im Sputum sinnvoll, da die sekretorische Komponente erst beim Durchtritt durch die Schleimhäute „angehängt“ wird. Auch ist die Differenzierung in die beiden IgA-Subklassen diagnostisch ohne Relevanz (Das Verhältnis von IgA1 zu IgA2 beträgt im Serum Gesunder 9:1).

Krankheitsbild:
Im Falle eines IgA- Defektes können chronisch rezidivierende, teils schwer verlaufende Infekte des Respirationstraktes auftreten. Weiterhin sind gehäuft Nahrungsmittelunverträglichkeiten sowie gastrointestinale Symptome zu beobachten, die einer Sprue (Gluten-sensitive Enteropathie) ähnlich sind. Häufig besteht wegen der abwehrgeschwächten Darmschleimhaut eine Lambliasis. Auch andere genetisch bedingte Erkrankungen treten bei IgA- Defekt gehäuft auf. Es besteht eine ausgesprochene Neigung zu Allergien (atopische Diathese). Allerdings zeigen sich in mehr als der Hälfte der Fälle mit IgA- Defekt keine oder nur eine geringe Symptomatik (Kompensation besonders durch IgM-Antikörper).

Therapie:
Anders als beim IgG- oder IgG-Subklassenmangel ist die präventive Behandlung mittels Substitution nicht möglich. Der Anteil an IgA ist in den erhältlichen Immunglobulinpräparaten nur gering. Außerdem existieren beim IgA zwei Subtypen. Der vorwiegend im Serum befindliche Subtyp kann das schleimhautassoziierte IgA nicht ersetzen. Zudem ist die kurze Halbwertzeit des IgA von 4-6 Tagen für eine Substitution zur Prävention von Infektionen nicht ausreichend. Von großer Bedeutung ist, dass Patienten mit IgA- Defekt Antikörper gegen IgA bilden können. Deshalb kann es bei bzw. nach Transfusionen von Vollblut oder anderen Bluteiweissprodukten zu heftigen allergischen Reaktionen kommen. Patienten mit IgA- Defekt sollten über dieses Risiko aufgeklärt werden. Wenn in seltenen Fällen eine Immunglobulinsubstitution zur Behandlung bestehender schwerer Infektionen notwendig ist (kompensatorisch kann auch IgG nützlich sein), werden bei IgA-Defektpatienten Immunglobulinpräparate mit stark abgereichertem IgA vorsichtig subkutan appliziert.

Die Therapie wird sich jedoch in der Regel auf eine frühe antibiotische Behandlung von manifesten Schleimhautinfektionen beschränken müssen. Der Impfstatus sollte immer überprüft und ggf. vervollständigt werden.

Untersuchungsmaterial

• ca. 1,5 ml Serum (Haltbarkeit max. 1 Woche)
• ein Postversand ist möglich