Immundefektdiagnostik

Immundefekte können angeboren oder erworben sein. Sie können sowohl Ursache (z. B. Infektanfälligkeit), aber auch Folge von Erkrankungen sein (z. B. Tumorimmundefizienz). Die Ursachen sind ausgesprochen vielfältig. Die qualifizierte Diagnosestellung ist Voraussetzung für die Ursachenfindung und die damit eingehende Therapiemaßnahme. Gerade diese Diagnostik erfordert aber nicht nur Kompetenz auf Seiten des Labors, sondern auch eine enge Zusammenarbeit zwischen dem behandelndem Arzt und dem immunologischem Speziallabor. Im Institut für Medizinische Diagnostik wurde im Jahre 2002 ein akkreditiertes Fachlabor für Immundefektdiagnostik eröffnet. Durch eigene Entwicklungskapazitäten und eine enge Zusammenarbeit mit universitären Einrichtungen ist es möglich, innovative Untersuchungsverfahren schnell und kosteneffizient für die Laborroutine verfügbar zu machen.

Gezielte Immundiagnostik bei Verdacht auf eine gestörte Immunfunktion

Ein immunologisch geschwächter Patient weist in seinem Immunsystem messbare Veränderungen auf, die seine funktionelle Immunkompetenz beeinträchtigen.

Die Immundefizienzen lassen sich in 4 Gruppen einteilen:

  1. primäre (angeborene) Immundefekte mit Manifestation im Säuglingsalter – sehr selten
  2. primäre Immundefekte mit später Manifestation.
    Die klinischen Symptome treten typischerweise zwischen dem 20. und 40. Lebensjahr auf. Ein genetischer Hintergrund ist wahrscheinlich, wobei die Manifestation durch den Einfluss von Umweltfaktoren, Ernährung, Infektionen u.ä. getriggert wird (z.B. CVID – Antikörpermangelsyndrom).
  3. sekundäre Immundefekte - meist erworben im Rahmen verschiedener Grunderkrankungen, z.B. Tumor, chronische Infektionen, Stoffwechselerkrankungen wie z.B. Diabetes, Traumata, Schadstoffeinwirkungen oder höheres Lebensalter.
  4. iatrogene Immundefekte (Folge von Behandlungsmaßnahmen). Die häufigste Ursache ist eine therapeutische Immunsuppression (z.B. nach Transplantation, bei Autoimmunerkrankungen oder nach Strahlen- und Chemotherapie bei Tumorpatienten).
    Bezogen auf die gestörten Partialfunktionen des Immunsystems kann man Defekte des spezifischen Immunsystems (T-, B-Lymphozyten, Antikörper) von Störungen des unspezifischen Systems (Monozyten, Granulozyten, NK-Zellen, Komplementdefekte) abgrenzen.

In der Praxis hat es sich durchgesetzt, von zellulären und von humoralen Immundefekten zu sprechen.

Zelluläre Defekte sind dadurch bedingt, dass Immunzellen in zu geringer Zahl vorliegen oder dass diese funktionell gestört sind.

Von humoralen Immundefekten spricht man, wenn „lösliche“ Blut- und Lymphbestandteile betroffen sind wie Antikörper, Komplementproteine oder Mannose -bindendes Lektin.

Die Defekte können kombiniert oder isoliert vorkommen. Die Anamnese und die bestehende klinische Symptomatik sind für eine rationelle Immundefektdiagnostik richtungsweisend.

Abb. 1  Die angegebene Stufendiagnostik basiert auf der AWMF-Leitlinie „Diagnostik von primären Immundefekten“ Registriernummer 027-050, zuletzt modifiziert 2011