Granulozytenfunktionstest

Eine intakte Granulozytenfunktion ist die Basis einer effektiven Elimination von Bakterien, Pilzen und Candida

Neutrophile Granulozyten („Fresszellen“) gehören zur angeborenen (unspezifischen) Immunabwehr und stellen mit ca. 65 – 70 % den prozentual größten Anteil der Leukozyten dar. Sie zirkulieren im Blut und dienen der Identifizierung und Eliminierung von Bakterien, Pilzen und Hefen. Zu den Funktionen der neutrophilen Granulozyten gehören die Chemotaxis, d.h. die Wanderung zum Entzündungsort, die Phagozytose, also die Aufnahme meist opsonisierter Erreger, und die Freisetzung von reaktiven Sauerstoffmeta-boliten (oxidativer Burst) zur Zerstörung der aufgenommenen Erreger. Nach Einwanderung in das Gewebe werden die opsonisierten (d.h. mit Antikörpern, Komplementkomponenten oder MBL beladenen) Erreger über eine Rezeptor-vermittelte Erkennung von den neutrophilen Granulozyten aufgenommen, wodurch die Zellen aktiviert werden. Dies führt zur Freisetzung von Sauerstoffradikalen, die den Erreger effizient eliminieren.

Abb. 1  Neutrophile Granulozyten wandern aus dem Blutstrom über das Endothel in entzündetes Gewebe ein und erkennen dort opsonisierte Erreger, die phagozytiert und anschließend eliminiert werden.

Eine verminderte oder defekte Funktion der neutrophilen Granulozyten kann allein oder in Kombination mit Antikörper-, MBL- oder Komplementdefekten Ursache für eine vermehrte Anfälligkeit gegenüber Bakterien, Hefen (Candida) bzw. Pilzen sein.

Wann tritt eine Funktionsstörung der neutrophilen Granulozyten auf?

Primäre (angeborene) Immunfunktionsstörungen sind die septische Granulomatose (CGD), die Aktin-Fehlfunktion, die Tuftsin-Defizienz oder die Komplement-Rezeptor C3bi-Defizienz. Sie können sich auch im späteren Lebensalter klinisch manifestieren.

Die häufigeren sekundären Immunfunktionsstörungen können bei einer Reihe von Grunderkrankungen auftreten (Tumore, Diabetes, chronische Infektionen, Dialyse, AIDS, Tuberkulose u.a.)

Granulozytendefekte können auch iatrogen bedingt sein (Glukokortikoide, Anästhetika, Antioxidantien u.a.).

Indikationen für den Test

Immundefektdiagnostik:
Wiederholte bzw. persistierende (auch therapierefraktäre) bakterielle oder mykotische Infektionen (Otitis, Sinusitis, Pneumonie, Bronchitis, Hautinfektionen, Parodontitis, Wundinfektionen, Gastroenteritis).

Kontrolle des Behandlungserfolges:
Eine Steigerung der Granulozyten-Funktion ist für die Behandlung mit zahlreichen Immunmodulatoren beschrieben (Zytokine, z.B. IL-2, IFN-g; Milchsäurebakterien, Pflanzenextrakte wie z.B. Mistel oder Echinacea).

Abb. 2  Befundbespiel

Testprinzip

Im ersten Schritt der Untersuchung werden die Leukozyten mit einem  Substrat beladen (markiert). Danach erfolgt eine Stimulation dieser Zellen. Dies erfolgt mit einem chemischen Aktivator (Phorbolester; PMA) oder mit abgetöteten Bakterien. Der chemische Aktivator kann die Zellmembran durchdringen und setzt dann unmittelbar die Signaltransduktionskaskade in Gang, an deren Ende die Bildung von freien Sauerstoffspezies steht (oxidativer Burst). Hierdurch wird das Substrat, mit dem Zellen markiert wurden, oxidiert und es beginnt zu fluoreszieren. Dieses Fluoreszenzsignal wird dann mit einem Durchflusszytometer gemessen. Mit dieser Stimulation wird also geprüft, ob die Zellen überhaupt zur Generierung reaktiver Sauerstoffspezies in der Lage sind.

Bei der Stimulation mit abgetöteten Bakterien ist der Aktivierungsprozess komplizierter, denn die Bakterien müssen zunächst aufgenommen (phagozytiert) und durch die Rezeptoren der Leukozyten erkannt werden. Erst dadurch wird dann die bereits beschriebene Signalkaskade in Gang gesetzt, an deren Ende die Sauerstoffspezies gebildet werden und die durch die Fluoreszenz des Substrats nachgewiesen werden können.

Es lassen sich durch den Test also Störungen der Phagozytose (reduzierter oxidativer Burst bei Stimulation mit Bakterien und normalem oxidativem Burst bei Stimulation mit PMA) und Störungen des oxidativen Burst (Reduktion bei beiden Stimulationen) voneinander abgrenzen. 

Index mit E.coli

Index mit PMA

Interpretation

Normal

Normal

Kein Hinweis auf einen Defekt

Normal

Vermindert

Verminderung der oxidativen Burst-Kapazität

Vermindert

NormalStörung der Phagozytose

Vermindert

VermindertStörung der Phagozytose & Verminderung der oxidativen Burst-Kapazität

Material

5 ml Heparinblut

Das Blutentnahme- und Versandmaterial wird vom Labor kostenfrei zur Verfügung gestellt (Tel. +49 (0)30 77001-220). Ein Probeneingang im Labor innerhalb von 24 Stunden muss gewährleistet sein. Das Blut sollte bei Raumtemperatur gelagert und transportiert werden. Innerhalb der Berliner Stadtgrenzen bieten wir Ihnen unseren Fahrdienst an (+49 (0)30 7701-250), für überregionale Abholungen kontaktieren Sie bitte den kostenfreien Kurierservice unter +49 (0)30 77001-450.

Abrechnung

Eine Abrechnung ist bei gegebener Indikation im kassen- und privatärztlichen Bereich gegeben.