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Zum Mechanismus
Hämolytische Anämien und akute Blutungsanämien gehen mit erhöhtem RPI einher (> 2 fach des oberen Referenzbereichs). Hämolyse ist ein starker Stimulus der Erythropoese, der über die Freisetzung von Erythropoetin wirkt. Die adaequate Bildung von Erythrozyten wird vor allem durch Erythropoetin geregelt. Erythropoetin bestimmt die Größe des Pools der erythroiden Vorläuferzellen. Bei Erythropoetinmangel gehen diese Vorläuferzellen in Apoptose, eine verminderte Erythropoese resultiert und als Folgen sind die Retikulozytenzahl des peripheren Blutes sowie der RPI vermindert.
Papadaki HA, Kritikos HD, Valatas V et al.: Anemia of chronic disease in rheumatoid arthritis is associated with increased apoptosis of bone marrow erythroid cells; improvement following anti-tumor necrosis factor-a antibody therapy. Blood 2002; 100: 474–482.

Im Blut-Ausstrich erscheint als charakteristische Erythrozytenmorphologie: Polychromasie (mikroskopisches Zeichen einer Vermehrung der Retikulozyten), und typischerweise normozytäre oder leicht makrozytäre Erythrozyten. Wenn der RPI erhöht ist, dann ist eine Knochenmarkuntersuchung nur in seltenen Fällen indiziert.

Diagnostische Hinweise
Retikulozytenzahl bzw. RPI trennen regenerative und nicht-regenerative Anämien mit guter Trennschärfe. In Einzelfällen lassen diese Parameter jedoch auch Fehlklassifikationen zu. Folgende Beispiele:
- Thalassämien sind als hämolytische Anämien regenerativ, RPI > 2. Jedoch bei ausgeprägter, ineffektiver Erythropoese werden im peripheren Blut die Retikulozytenzahlen zu niedrig gemessen und die Anämie falsch als hyporegenerativ klassifiziert. In diesem Fall gehen die Retikulozyten bereits im Knochenmark unter, weil sich 4 beta-Ketten zu unlöslichen Aggregaten zusammenlagern. Diagnostisch hilfreich kann ein hoher Anteil unreifer Retikulozyten (IPF) die gesteigerte Erythropoese anzeigen. Das große Blutbild mit Retikulozyten gibt mit regenerativer Anämie, hypochromer Mikrozytose und relativ hoher Erythrozytenzahl bereits starke Hinweise auf eine Thalassämie.
- Die Eisenmangelanämie ist auch durch hypochrome mikrozytäre Erythrozyten charakterisiert. Sie ist jedoch normalerweise hyporegenerativ, der RPI ist vermindert. Als seltene Ausnahmen sind in der Literatur Eisenmangelanämien mit normalen oder erhöhten Retikulozytenzahlen und RPI-Werten beschrieben.
Beutler E. Disorders of iron metabolism. In Williams haematology. Editors Lichtman MA, Beutler E, Kipps TJ, Seligsohn U, Kaushansky K, Prchal JT. 7th Edition, McGraw-Hill medical publishing division, 2006, pp 511-553

Da die verschiedenen Hämolyseparameter eine Hämolyse unterschiedlich sensitiv erkennen, und weil einige von ihnen durch verschiedene Störfaktoren ausgelenkt werden können (siehe folgende Tabelle), wird empfohlen, mehrere der folgenden Hämolyseparameter in Kombination einzusetzen, um eine geringe Hämolyse nicht zu übersehen: 

Parameter

Veränderung bei Hämolyse

Störfaktor und Wirkung

Indirektes Bilirubin

Geringe Sensitivität

Lebererkrankung, verminderte Elimination

Hapto­globin

Abfall bei gering gradiger Hämo­lyse

 

ANHAPTOGLOBINEMIA; AHP   http://omim.org/entry/614081

Anstieg bei „Akuter Phase Reaktion“

Als seltene Kuriosität kann die heredi­täre Hapto­globin-Defizienz  zur Fehl­inter­pre­tation führen.

freies Hämoglo­bin

An­stieg in Serum oder Plas­ma durch Freisetzung aus den Erythrozyten

Hämolyse im Pro­ben­röhrchen durch un­sach­gemäße Proben­ent­nahme (z.B. Luftblasenbildung)

LDH-Aktivität 

An­stieg in Serum oder Plas­ma durch Freisetzung aus den Erythrozyten

1. Hämolyse im Pro­ben­röhrchen durch un­sach­gemäße Proben­ent­nahme (z.B. Luftblasenbildung)

2. Lebererkrankung und weitere Erkrankungen

Retikulozyten

Hämolyse stimuliert die Erythro­poese und Retikulo­zyten werden aus dem Kno­chenmark ins peri­phere Blut aus­geschüttet.

Ineffektive Erythropoese mit Unter­gang von Retikulozyten im Knochen­mark

Verminderte EPO-Bildung bei Nieren­insuffizienz

 

 

 

HbH und Hb-Bart´s Zellen bei Thalass­ämie haben verkürzte Halbwertszeit

RPI-Auslenkung als Fol­ge kombinierter Effekte auf die Erythropoese

Anämie der chronischen Ent­zündungen z. B. des Gastro­in­testi­nal­traktes  (ACD)

Kom­bi­na­tion der Ursachen:

chronische Entzündung, Blut­ver­lust, Eisenmangel, Mangel an Vita­min B12 und Folsäure


Mechanismus der Bildung kleiner oder großer Erythrozyten
Die adaequate Bildung von Erythrozyten und erythroiden Vorläuferzellen wird vor allem durch Erythropoetin geregelt und ist von der Versorgung der erythroiden Vorläuferzellen mit Eisen und Ausgangsstoffen für die Nukleinsäuresynthese abhängig. Erythropoetin bestimmt die Größe des Pools der erythroiden Vorläuferzellen. Bei Erythropoetinmangel gehen die erythropoetischen Vorläuferzellen in Apoptose und eine verminderte Erythropoese und Retikulozytenzahl resultiert. Die Größe und der Hämoglobingehalt der Retikulozyten sind jedoch normal. Beispiel einer normochromen, normozytären Anämie ist die Anämie chronischer Erkrankungen, bei der eine systemische Entzündungsreaktion die antiapoptotische Wirkung des Erythropoetins auf die erythroiden Vorläuferzellen aufhebt.
Papadaki HA, Kritikos HD, Valatas V et al.: Anemia of chronic disease in rheumatoid arthritis is associated with increased apoptosis of bone marrow erythroid cells; improvement following anti-tumor necrosis factor-a antibody therapy. Blood 2002; 100: 474–482.

Ist die Synthese der Nukleinsäuren durch Mangel an Purin- und Pyrimidinbausteinen begrenzt, ist auch die Proliferation der erythroiden Vorläuferzellen begrenzt. Dann werden weniger aber größere Erythrozyten gebildet, die vermehrten Hämoglobingehalt besitzen. Es resultiert eine makrozytäre Anämie, zum Beispiel bei Vitamin B12 Mangel.
Ist die Hämoglobinbildung durch Eisenmangel oder verminderte Bereitstellung des Eisens oder Störungen im Hämoglobingen begrenzt, werden hypochrome, mikrozytäre Erythrozyten gebildet. Dieser Zustand wird als funktioneller Eisenmangel bezeichnet. Früher als der MCH zeigt Ret-He < 28 pg (Hämoglobingehalt der Retikulozyten) den funktionellen Eisenmangel an.

Diagnostische Hinweise
Es hat sich bewährt, die hyporegenerativen Anämien entsprechend des MCH (Hämoglobingehalt) und des MCV (Zellgröße) zu klassifizieren. In der Praxis hat es sich bewährt, die hyporegenerativen Anämien im ersten Schritt einerseits in makrozytäre Anämien einzuteilen, die auf einer Störung der Proliferation der erythropoetischen Stammzellen beruhen, z.B. auf ungenügender Bereitstellung der Purin- und Pyrimidinbasen für die Nukleinsäuresynthese, und andererseits in mikrozytäre und normozytäre Anämien. Zu den makrozytären Anämien zählen die Vitamin B12-, die Folsäuremangelanämie u.a.m.
Zu den hypochromen mikrozytären Anämien gehören als häufigste Anämie die Eisenmangelanämie und die Thalassämie.
Zu den normochromen, normozytären Anämien zählen u.a. die renale Anämie, die Anämie bei Hypothyreose und die Anämie in einer frühen Phase des Eisenmangels. Erst im Verlaufe des Eisenmangels wird die typische hypochrome Mikrozytose beobachtet.

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