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Antikörperdiagnostik bei Thrombosen oder Schwangerschaftsmorbidität

Klinischer Hintergrund

Das Anti-Phospholipid-Syndrom (APS) ist ein Syndrom, das durch venöse/arterielle Thrombosen und/oder Schwangerschaftsmorbidität sowie den Nachweis von Anti-Phospholipid-Antikörpern (aPL) charakterisiert ist. Das Syndrom ist eine der häufigsten Autoimmunerkrankungen mit einer breiten Palette an Manifestationsmöglichkeiten. Diese reichen von tiefen Beinvenen-, Augenvenen- und Sinusvenenthrombosen, Budd-Chiari-Syndrom, Schlaganfall und transitorisch-ischämischen Attacken bis zu rezidivierenden Aborten. Es können praktisch alle venösen und arteriellen Gefäße aller Größen betroffen sein! Das APS kann isoliert auftreten oder mit anderen Autoimmunerkrankungen assoziiert sein. Am häufigsten ist das APS mit einem systemischen Lupus erythematodes (SLE) vergesellschaftet. Das APS kann in seltenen Fällen zu vital-bedrohlichen Komplikationen mit Multiorganversagen führen. In diesen Fällen spricht man von einem „katastrophalen“ APS. Nachfolgend sind die Prävalenzen von aPL für eine Reihe von Autoimmun- und anderen Erkrankungen zusammengestellt.

AutoimmunerkrankungaPL
SLE17 - 61 %
(primäres) APS100 %
Rheumatoide Arthritis8 - 49 %
Juvenile chronische Arthritis53 %
Arthritis psoriatica11 - 28 %
Primäres Sjögren Syndrom11 - 44 %
Sklerodermie7 -15 %
Dermato-/Polymyositis6 - 33 %
Polymyalgia rheumatica27 %
Vaskulitiden50 %
Idiopathische thrombozytopenische Purpura30 %

Tab. 1 Prävalenzen von aPL bei ausgewählten Autoimmunerkrankungen (Literaturangaben)

ErkrankungaPL
Zerebrale Ischämien bei jungen
Erwachsenen
18 - 46 %
Zerebrale Ischämien aller Altersgruppen7 - 9 %
Myokardinfarkt bei jungen Erwachsenen21 %
Rezidivierende Aborte4 - 7 %
Gesunde0 - 5 %

Tab. 2 Prävalenzen von aPL bei ausgewählten Erkrankungen (Literaturangaben)

Rezidivierende Thrombosen sind die dominierende klinische Manifestation eines APS. Ein Drittel aller APS-Patienten hat nur ein thrombotisches Ereignis; die anderen zwei Drittel haben rekurrierende Thrombosen. Etwa 3 % der Patienten mit einem APS erleiden jedes Jahr eine Thrombose, wobei venöse Thrombosen häufiger (65-70 %) als arterielle Thrombosen zu beobachten sind.
Von besonderer Bedeutung sind die neurologischen Komplikationen, wenngleich diese noch nicht Eingang in die Klassifikationskriterien (s. u.) gefunden haben. 18-20 % von Schlaganfall -Patienten unter 50 Jahren besitzen aPL! 50-85 % der schwangeren SLE-Patientinnen mit hohen aPL-Titern haben eine Fehlgeburt! 80 % der unbehandelten Frauen mit früheren Fehlgeburten und hohen aPL-Titern erleiden bei erneuter Schwangerschaft eine weitere Fehlgeburt.

Was sind Anti-Phospholipid-Antikörper (aPL)?

Unter dem Sammelbegriff Anti-Phospholipid-Antikörper wird eine Gruppe von Autoantikörpern, die gegen neutrale oder negativ geladene Phospholipide sowie Phospholipidbindende Proteine gerichtet sind, zusammengefasst. Die bekanntesten und wichtigsten sind [1]:

  • Lupus-Antikoagulanz (LA)
  • Cardiolipin-Antikörper (aCL)
  • β2-Glykoprotein 1-Antikörper (β2-GP1-AAk)

Diagnostik des Anti-Phospholipid-Syndroms

Für die Diagnose und Klassifikation eines APS haben sich neben 2 klinischen Kriterien 3 Laborkriterien etabliert. Nachfolgend sind die aktuellen (hier verkürzten) Klassifikationskriterien des APS aufgeführt [2]:

Klinische Kriterien
  1. Vaskuläre Thrombose(n)
    Eine oder mehrere Episoden einer Thrombose in den arteriellen, venösen oder kleinen Gefäßen jedes Gewebes oder Organs (Ausnahme: oberflächliche venöse Thrombosen).
  2. Schwangerschaftskomplikationen/-morbidität
Laborkriterien
  1. Lupus-Antikoagulanz: mindestens zweimaliger Nachweis im Plasma im Abstand von 12 Wochen.
  2. Cardiolipin-Antikörper (IgG und/oder IgM) im Serum oder Plasma in mittelhohen oder hohen Titern (>40 GPL* bzw. MPL*); mindestens zweimaliger Nachweis im Abstand von 12 Wochen.
  3. β2-Glykoprotein 1-Antikörper (IgG und/oder IgM) im Serum oder Plasma; mindestens zweimaliger Nachweis im Abstand von 12 Wochen.

* international gebräuchliche Konzentrationsangabe für Cardiolipin-IgG- und IgM-Antikörper

Ein definitives APS liegt vor, wenn mindestens eines der klinischen Kriterien und eines der Laborkriterien vorhanden sind.

Zu beachten: Eine Klassifikation sollte nicht erfolgen, wenn mehr als fünf Jahre zwischen dem positiven Laborbefund und der klinischen Manifestation liegen.

Des Weiteren können eine Reihe von Manifestationen bei Nachweis von aPL auf ein APS hinweisen:

  • Herzklappenerkrankung
  • Neurologische Manifestationen
  • Livedo reticularis
  • Nephropathie
  • Thrombozytopenie

Indikation für die Bestimmung der Phospholipid-AAk

  • Abortneigung
  • APTT-Verlängerung ohne Blutungsneigung
  • Thromboseneigung
  • Autoimmunerkrankungen, insbesondere beim systemischen Lupus erythematodes (SLE)
  • Thrombozytopenie

Material

Lupusantikoagulanz:
Citrat-Plasma (2 Monovetten)
Probentransport innerhalb von 4 Stunden. Aufbewahrung bei Raumtemperatur.

Cardiolipin- und β2-Glykoprotein-1-AAk:
Serum oder EDTA-Plasma (1ml) oder Vollblut
Der Probentransport ins Labor kann zeitnah auch per Postversand erfolgen.

Abrechnung

Eine Abrechnung ist bei gegebener Indikation im kassenund privatärztlichen Bereich gegeben.
Aber: Bei Patienten mit folgenden Indikationen sind die Laborleistungen bei Angabe entsprechender Befreiungsziffern budgetbefreit:

  • Therapiepflichtige hämolytische Anämie, Diagnostik und Therapie der hereditären Thrombophilie, des APS oder der Hämophilie (32011)
  • orale Antikoagulationstherapie (32015)

Literatur

(1)    Ruiz-Irastorza G et al. Antiphospholipid syndrome. Lancet 2010; 376: 1498-509
(2)    Miyakis S. et al. Internationale consensus statement on an update of the classification criteria for definite
        antiphospholipid syndrome (APS). J Thromb Haemost 2006; 4: 295-306