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VEGF - Signalmolekül der Angiogenese

Der Vascular Endothelial Growth Factor (VEGF) stimuliert das Wachstum von Blutgefäßendothelien

VEGF wird von einer Vielzahl von Gewebe-, aber auch Immunzellen gebildet. Es stimuliert das Wachstum von neuen Blutgefäßen, indem es nach Bindung an den VEGF-Rezeptor auf den Endothelzellen die Bildung von Wachstumsfaktoren auslöst. Zur VEGF-Familie gehört u.a. der Faktor VEGF-A, der auch als erster Subtyp entdeckt und am besten bisher beschrieben wurde. VEGF-B spielt für die Aufrechterhaltung der Gefäße, vor allem unter pathologischen Bedingungen, und nicht so sehr für die Neubildung eine wichtige Rolle. VEGF-C und VEGF-D dienen der Entwicklung von Lymphgefäßen.

VEGF-Sekretion dient dem Selbsterhalt von unterversorgten Gewebezellen

Hypoxie und Hypoglykämie sind die stärksten Stimulatoren der VEGF-Ausschüttung. Erhalten Gewebezellen nicht genug Sauerstoff, produzieren sie hypoxie-induzierte Faktoren, welche zur Ausschüttung von VEGF und schließlich zur verstärkten Neubildung von Gewebe-versorgenden Blutgefäßen führen. Parallel induziert VEGF Stickstoffmonoxid (NO) in der Gefäßwand, was zur Erweiterung der Gefäße (Vasodilatation) führt. Auch die Durchlässigkeit (Permeabilität) der Gefäßwände wird erhöht. All dies dient der besseren Aufnahme von Sauerstoff und Nährstoffen und damit zur Aufrechterhaltung des Zellstoffwechsels.

Fließt ausreichend Blut durch die neuen Gefäße, wird die VEGF-Ausschüttung durch physiologische Angiogenese Hemmer (z. B. Interferon-α, Plättchenfaktor-4 oder Angiostatin) wieder gedrosselt.

Angiogenese findet in allen metabolisch aktiven Geweben statt, d. h. in schnell wachsendem und geschädigtem Gewebe. In vielen physiologischen Prozessen wie Embryogenese, zyklischer Schleimhautumbau des Uterus, Schwangerschaft und Wundheilung spielt die Angiogenese eine physiologisch wichtige Rolle. Eine pathologisch erhöhte Produktion von VEGF findet man bei Tumorerkrankungen, diabetischer Retinopathie, Herzinfarkt und Schlaganfall. 

Abb. 1  Musterbefund 

Progressionsmarker bei Tumorerkrankungen

VEGF ist durch seine Funktion als Angiogenese-fördernder Faktor auch unmittelbar an der Neovaskularisation von Tumoren und der Metastasierung beteiligt.

Im frühen Tumorstadium sorgt die Ausschüttung von VEGF für die Bildung neuer Gefäße (angiogener Switch). Durch Bildung neuer Blutgefäße wird das Überleben und die Entwicklung der Tumorzellen gefördert, weshalb hohe VEGF-Spiegel für eine ungünstige Prognose sprechen. Im wachsenden Tumor induziert VEGF aber nicht nur die Blutgefäßneubildung, sondern es schützt auch das Endothel vor Apoptose und induziert die Freisetzung sekundärer Wachstumsfaktoren, wie z. B. transforming growth factor beta (TGFβ). TGF-β induziert immunsuppressive Effekte, was zusätzlich die körpereigene Immunantwort gegen die Tumorzellen reduzieren kann.

Ein zusätzlicher Effekt von VEGF, der zur Tumorprogression führen kann, erklärt sich durch die autokrin-vermittelte Apoptose-hemmende Wirkung auf die Tumorzellen selbst, die ebenfalls VEGF-Rezeptoren tragen. Diese Wirkung beschränkt sich aber nicht auf die Tumorzellen. Es konnte gezeigt werden, dass auch zytotoxische CD8-Lymphozyten durch VEGF in ihrer Funktion inhibiert werden. Parallel lockt VEGF regulatorische T-Zellen (sog. Treg-Zellen) an, die ebenfalls die zytotoxischen T-Zellen hemmen. VEGF fördert somit auf mehreren Wegen die Progression von Tumoren.

Abb. 2  VEGF induziert die Bildung neuer Blutgefäße und unterstützt somit das initiale Wachstum und auch Überleben des Tumors.

VEGF im Blut sollte möglichst niedrig sein

Das alles erklärt, warum eine höhere VEGF-Expression mit einem progressiveren Wachstum solider Tumoren einhergeht. In zahlreichen Studien wurde gezeigt, dass im Patientenblut gemessene hohe VEGF-Werte eine ungünstige Prognose wiederspiegeln. Ein Anstieg des VEGF-Serumspiegels im Verlauf, insbesondere unter immunstimulierender Therapie, gilt als kontraproduktiv und sollte zur Veränderung des immunmodulierenden Therapieregimes führen (antientzündliche Therapie, Wechsel immunmodulierender Präparate etc.).

Zudem werden heute auch zahlreiche Angiogenesehemmer wie z. B. Bevacizumab (Avastin®) oder Sunitinib (Sutent®) therapeutisch eingesetzt, um die Wirkung des VEGF zu blockieren. Durch deren Einsatz, begleitend zu den klassischen Therapiemaßnahmen, lässt sich bei einer Reihe von Tumorentitäten eine Verbesserung des klinischen Erfolgs erreichen. 

Differentialdiagnostik der Bartonellose – die 2. Indikation für eine VEGF-Bestimmung im Blut

Erhöhte VEGF-Spiegel im Serum sind differentialdiagnostisch ein Hinweis auf eine Bartonella henselae Ko-Infektion bei Patienten mit Zecken-übertragenen Erkrankungen. Bartonellen sind aerobe gramnegative Stäbchenbakterien. Das Reservoir der Bartonellen ist die Hauskatze. Die Übertragung auf den Menschen erfolgt durch Kratz- oder Bisswunden infizierter Katzen, aber auch durch Zecken. Im akuten Infektionsstadium induzieren sie die Katzenkratzkrankheit. In der chronischen Infektionsphase können sie dauerhafte Immunaktivierungen induzieren. Vieles spricht dafür, dass eine Ko-Infektion den Therapieerfolg bei Patienten mit Borreliose limitiert.

Erhöhte VEGF-Blutwerte sind ein Hinweis auf eine erfolgte Infektion

Bartonellen induzieren als bisher einziges beschriebenes, humanpathogenes Bakterium VEGF in den befallenen Zellen.

In der Abb. 3 ist der Mechanismus dargestellt, warum die Induktion von VEGF einen Überlebensvorteil für die Bakterien bringt. Die sich vermehrenden Bartonellen induzieren in den befallenen Zellen ein Energiedefizit, d.h. sie lösen einen ATP-Mangel aus. Dieses Defizit würde nicht nur für die Zellen, sondern auch für die Bartonellen selbst die Überlebenswahrscheinlichkeit reduzieren. Die Induktion von VEGF und die damit bessere Durchblutung und Nährstoffversorgung des befallenen Gewebes führt zu einem Überlebensvorteil der Bartonellen und damit zur Erregerpersistenz. Ob erhöhte VEGF-Spiegel auch mit einer stärkeren Therapieresistenz einhergehen und ob eine therapeutische Senkung des VEGF-Spiegels den Erfolg Erreger-spezifischer Therapien beschleunigen kann, ist zwar zu vermuten, muss aber durch klinische Studien noch bestätigt werden.

Abb. 3  Bartonellen lösen bei der Vermehrung in der Zelle ein Energiedefizit aus. Dies führt zur Freisetzung von VEGF, wodurch die Gefäßneubildung induziert wird. Das sichert die Überlebenschance der Bartonellen.

Material

1 ml Serum 

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Literatur

  1. Fukumura D, Kloepper J, Amoozgar Z, Duda DG, and Jain RK. Enhancing cancer immunotherapy using antiangiogenics: opportunities and challenges. Nat Rev Clin Oncol. 2018 May; 15(5): 325–340.
  2. Puntoni M, Petrera M, Campora S, Garrone E, Defferrari C, Torrisi R, Johansson H, Bruno S, Curotto A, DeCensi A. Prognostic Significance of VEGF after Twenty-Year Follow-up in a Randomized Trial of Fenretinide in Non-Muscle-Invasive Bladder Cancer. Cancer Prev Res (Phila). 2016 Jun; 9(6):437-44
  3. Goel HL, Mercurio AM. VEGF targets the tumour cell. Nat Rev Cancer. 2013 Dec;13(12):871-82.
  4. Takahashi S. Vascular Endothelial Growth Factor (VEGF), VEGF Recep tors and Their Inhibitors for Antiangiogenic Tumor Therapy Biol. Pharm. Bull. 34(12) 1785—1788 (2011).
  5. Induktion von Blutgefäßwachstum: Eine einzigartige Eigenschaft von Bartonella henselae. BIOspektrum 1/06. 12. Jahrgang