Worin sind allergene Schwermetalle und Kunststoffe enthalten?
Die Häufigkeit von Sensibilisierung gegenüber Schwermetallen und Kunststoffbestandteilen nimmt zu. Für Nickel wird heute eine Häufigkeit von 19 % bei Frauen und 9 % bei Männern angegeben. Beim Gold ist wegen der höheren Exposition durch Schmuck ebenfalls der weibliche Bevölkerungsanteil mehr betroffen (3,5 – 9 %). Keine geschlechts-spezifischen Unterschiede bestehen beim Quecksilber (9,6 % positive Reaktionen bei klinisch symptomatischen Amalgamträgern, Luderschmidt 1995). Bei Thiomersal (Ethyl-Quecksilber) werden bis zu 10 % positive Epikutantestreaktionen genannt. Auf Palladium reagieren im Lymphozytentransformationstest ca. 7 %.
Abgesehen vom Titan, bei dem nicht-allergische Formen der Unverträglichkeitsreaktion dominieren, können alle Metalle (z.B. auch Platin, Silber, Kupfer, Iridium u.a.) eine allergische Sensibilisierung bedingen. Die Sensibilisierungsrate ist geringer, liegt aber immer noch bei 1-2 %. Für Kunststoffe (Acrylate) fehlen bisher größere wissenschaftliche Studien. Es gilt als unumstritten, dass deren Häufigkeit in den letzten 10 Jahren deutlich zugenommen hat. Die Prävalenz von 5 % ist wahrscheinlich als zu gering einzuschätzen.
Obwohl Sensibilisierungen nicht selten im Zusammenhang mit Zahnmaterialunverträglichkeiten diagnostiziert werden, sollten andere Expositionsquellen immer berücksichtigt werden. Häufig kann schon die Elimination dieser Quellen die Symptomatik reduzieren. Mit Sicherheit ist aber ohne deren Berücksichtigung eine vollständige Genesung kaum zu erreichen.
Für die in letzter Zeit vermehrt in die Diskussion geratenen Kunststoffe sind die Verhältnisse ähnlich. Wie bei den Metallen bergen diagnostische Hauttestungen hier selbst die Gefahr der Sensibilisierung. Bei vorbeugenden Testungen sollte hier dem Lymphozytentransformationstest (LTT) gegenüber dem Hautest immer der Vorzug gegeben werden, da eine Exposition des Patienten mit der Gefahr der Sensibilisierung vermieden wird. Gleiches gilt für Patienten mit anamnestisch bekannter Allergieanamnese.
Nachfolgend sind die wichtigsten Expositionsquellen für Metalle genannt.
Nickel: Nahrungsmittel (z.B. Nüsse, Bananen, Kakao, Schokolade), Trinkwasser (v.a. wenn in Armaturen abgestanden), Zahn- und Endoprothesen, Modeschmuck (auch „Piercing“!), Münzen (1 und 2 Euro-Münzen), Pigmentfarben, Kosmetika, Textilfarben, herausgelöst aus Haushaltartikeln (Bestecke u. Töpfe aus Edelstahl, Kaffeemaschinen), alte Aluminiumprodukte, Methylacrylate, Müllverbrennung, Industrieemissionen, Tabakrauch, Toner
Gold: Dentallegierungen, Schmuck, Arzneimittel, Ziervergoldungen (Brillengestelle, Porzellan, Glas), Farben, Lebensmittelzusatzstoff E175 in Süßigkeiten, Haarfärbemittel, frühere Epikutantestungen mit der Metallreihe
Cadmium: Tabakrauch, Wurzelfüllmaterialien (Gutapercha), Batterien (Nickel/Cadmium und Silber/Cadmium), Lebensmittel (Innereien, Gemüse, Obst), Transistoren, Farbpigmente (Tätowierungen, Prothesenmaterialien, Acrylharze, Weißbleche, Spielwaren, emaillierte Küchenartikel), Anstrichfarben, Toner
Palladium: Dentallegierungen, Schmuck, Farbstoffe, Medikamente, Katalysatoren, Textilapplikationen, Piercing (häufig palladiumhaltig), frühere Epikutantestungen
Anorganisches Quecksilber: Barometer, Thermometer, Manometer, Blutdruckmesser, Gasanalyse-Apparate, Neonröhren, Energiesparlampen, Quecksilberdampflampen, Gleichrichter, Tropfelektroden, als Katalysator, zur Herstellung von fungiziden u. antiseptischen Quecksilber-Verbindungen und von Dental - Legierungen (Amalgam, 50 % Quecksilber), Trockenbatterien, Quecksilberspritzmittel (Pflanzenschutzmittel), alte Spiegel
Ethyl-/Phenyl-Quecksilber: Impfstoffe (Thiomersal), Kontaktlinsenreiniger, Pestizide (gespritzte Zitrusfrüchte), Wurzelfüllstoffe, Kosmetika
Kupfer: Heizrohre, Braukessel, Lötkolben, Medikamente (Mineral- und Vitaminpräparate), Dentallegierungen (u.a. Amalgam), medizinische Bäder, Intrauterinpessare (Spirale), Baumaterial, z.B. Dachrinnen, Münzen (1 und 2 Euro sowie 1, 2 und 5 Cent), Messing, Bronze, Pigmente (Kupferchromat), Toner
Aluminium: Konstruktionswerkstoff im Flugzeug-, Auto- und Maschinenbau, elektrische Leitungen, Antennen, Kosmetika (u.a. Deo-Roller, Konserven- und Getränkedosen (auch Tetrapacks), Aluminiumfolien (darin verpackte Nahrungsmittel), Konservierungsmittel als Adjuvans in Impfstoffen, Toner, Aluminiumsilikat als Bestandteil der Lebensmittelfarbe E 173 in Backwaren, Backpulver, Schmelzkäse, sauer eingelegten Gemüsekonserven, Kaffeeweißern, Speisesalz und Gewürzen, Nagellack, Dentalzemente, Überzüge von Zuckerwaren.
Silber: Schmuck, Münzen, Amalgam u.a. Dentallegierungen, Antiseptika (Silbernitrat), Photoentwickler, Batterien (Silber/Cadmium), Textilien
Chrom: Modeschmuck, Galvanotechnik, Herstellung nicht-rostender Stähle, Gerb- und Färbemittel (Farbpigmente), Holzimprägnierung, Leder, Ätzmittel in der Zahnheilkunde, Schweißtechnik, Dentalwerkstoffe (NEM-Legierungen), Haushaltgeräte (Chrom-Nickel-Stähle), Bauzemente, Katalysatoren und Oxidationsmittel in der chemischen Industrie, Entwicklerfarbstoff in der Farbfotographie, Müllverbrennung, Toner
Zinn: Modeschmuck, Amalgam und andere Dentallegierungen, Zahnpflegemittel (Zinnfluorid), Zahnprothesenstoffe (Zinnchlorid), Anstrichfarben, Lötmaterialien, galvanische Produkte, Toner
Kobalt: Modeschmuck, Haushaltartikel (Bestecke, Küchenartikel), Münzen, Bleich- und Färbemittel im Friseurhandwerk, Mineralölprodukte, Kunstdünger, Zemente und andere Baustoffe, Dentalwerkstoffe (NEM-Legierungen), Herstellung von (Blau-) Pigmenten in der Glas-, Email- und Keramik-Industrie, Toner
Molybdän: Werkstoff in Widerstandsdrähten von Heizwicklungen, für Elektroden in Glasschmelzöfen, für Anoden in Elektronenstrahlröhren oder für Glühdrähte in Glühlampen, Dentalwerkstoffe (Nickel / Molybdän- und Chrom / Kobalt / - Molybdän-Legierungen), fossile Brennstoffe
Platin: Schmuck (Platin/Kupfer oder Platin/Palladium-Legierungen), Dentalersatzmaterialien, (häufig in Goldlegierungen), Katalysatoren, Fotomaterialien (Toner), Zytostatika
Iridium: als Platin/Iridium-Legierung in Spitzen von Füllfederhaltern, Injektionsnadeln, chirurgischen Instrumenten, Labortiegeln, Zündkerzen für Flugzeugmotoren, Schmuck
Indium: Dentallegierungen, Elektronik (Halbleiter), Solarzellen, Lötzinn, Schmuck, Glasfarbe, Spiegel, Solarzellen, Laser, Radionuklide in der Medizin
Nachfolgend sind die wichtigsten Expositionsquellen für Acrylate sowie andere in Kunststoffen enthaltenen Allergenen (z.B. Polymersisationsinitiatoren) genannt.
Methylmethacrylat (MMA) im medizinischen Bereich in Zahnersatzmaterial (Gaumenplatten, Verblendungen, Kronen, Kleber), in Knochenzement und in künstlichen Fingernägeln, Pflaster, Retardmedikamenten.
Im technischen Bereich in Versiegelungsmasse in der Autoindustrie, Oberflächenbehandlung von Leder, Papier, Textilien, in Acrylatklebern sowie einigen Lacken und Farben
BIS-GMA (2,2-bis-[4-(2-hdroxy3-methacryl-oxypropoxy)-phenyl]-propan) in Zahnersatzmaterial aus Kunststoffen z.B. Kronen, Verblendungen, Füllungsmaterialien, Gaumenplatten, in Kunststoffklebern, zum Teil in Abdruckmassen
2-Hydroxyethylmethacrylat (HEMA) in Zahnersatzmate-rial (Gaumenplatten, Füllungsmaterialien, Verblendungen, Kronen), als Leichtbaustoff in der Flugzeugindustrie
Triethylenglycoldimethacrylat (TEGDMA) in Zahnersatzmaterial aus Kunststoffen z.B. Kronen, Verblendungen, Füllungskunststoffen, Gaumenplatten, in Kunststoffklebern, zum Teil in Abdruckmassen
Diurethandimethacrylat als Vernetzer für anaerobe Klebstoffe und Zahntechnik-Materialien. Einsatz in der Zahntechnik in Füllungsmaterialien, Veblendungen, Gaumenplatten, Abdruckmassen und Kunststoffklebern
Ethylenglycoldimethacrylat in Zahnersatzmaterial aus Kunststoffen z.B. Füllungsmaterialien, Verblendungen, Gaumenplatten, Kunststoffklebern
N,N-Dimethyl-4-toluiden als Hilfsstoff bei der Herstellung von Acrylharzen, in Zahnprothesenmaterial aus Kunststoff (Gaumenplatten, Kunststoff-Füllungen, Kronen), weit verbreitet in der Kunststoffverarbeitenden Industrie
1,4 - Butandioldimethacrylat Zwischenprodukt zur Her-stellung von Dispersionen, Vernetzer von Dentalkunststoffen, Elastomeren
Hydrochinon als Reduktionsmittel bei der Kunststoffherstellung, deshalb auch in Zahnprothesenmaterial (Kunststoff-Kronen, Gaumenplatten, Kleber), in der Medizin (Bleichmittel für Sommersprossen und Altersflecken), in Haarfärbemitteln und Fotoentwicklern und als Konservierungsmittel für Öle und Anstrichmittel
Benzoylperoxid in Arzneimitteln (Akne- und Ulcus cruris-Behandlung) und in medizinischen Shampoos, in Knochenzementen (aus Kunststoff), in Zahnprothesenmaterial aus Kunststoff (Kronen, Gaumenplatten, Kleber)
Campherchinon - Initiator bei der Polymerisation von Kompositen, Campher findet sich im Holz des Campherbaums, in den Blättern des Rosmarin Rosmarinus officinalis und Heilsalbeis. Verwendung in Campherwein, (Campherumschläge etc.), Mottenbekämpfungsmittel
Formaldehyd - verleimte Produkte aus Holzwerkstoffen, Korkplatten (formaldehydhaltige Kleber), Dämmstoffe, Ausschäummaterialien, Anstrichstoffe, Farben, Lacke, Parkettsiegel, Glas- und Steinwolle, Fasermatten, textile Bodenbeläge, Reinigungs-, Pflege- und Desinfektionsmittel (Formalin), Kosmetika, z. B. Mundspülmittel oder Nagelhärter, Tabakrauch und Emissionen von Gasherden
Phthalate (Weichmacher) - Bodenbeläge, Rohre und Kabel, Teppichböden, Wandbeläge, Tapeten, Schuhsohlen, Vinyl-Handschuhe, KFZ-Bauteile, Dispersionen, Lacke/Farben, Emulgatoren, (Lebensmittel) - Verpackungen, Dichtmassen, Kunstleder, Lebensmitteltransportbänder, Nagellacke, Klebstoffe (v.a. Polyvinyl-Acetate), Schaumverhüter und Benetzungsmittel in der Textilindustrie, Körperpflegemittel, Parfums, Deodorants, Pharmazeutische Produkte (timerelease Medikamente) Blutbeutel, Schläuche, Katheter, Beutel für Nährlösungen, Medikamentenverpackungen. Spielzeuge (bei deutschen Fabrikaten inzwischen verboten), Getränkeflaschen aus PET, Nahrungsmittelumverpackungen