Katecholamine - Tumore und Hypertonie
Einleitung
Katecholamine sind exzitatorische Neurotransmitter und Hormone. Sie entfalten ihre Wirkung an den sympathischen Alpha- und Betaadrenergen Rezeptoren des Herz-Kreislaufsystems. Unter dem Begriff Katecholamine werden die Verbindungen Adrenalin, Noradrenalin und Dopamin zusammengefasst. Beim Abbau entstehen die Metanephrine (Metanephrin und Normetanephrin) als Zwischenprodukte mit diagnostischer Bedeutung. Die Endabbauprodukte im Urin sind Homovanillinsäure (Dopamin) und Vanillinmandelsäure (Adrenalin und Noradrenalin).
Klinische Bedeutung
Katecholamine werden im Rahmen der Diagnostik hormonaktiver Tumore des sympatho-adrenalen Systems bestimmt, insbesondere zur Diagnostik von
- Neuroblastomen (frühes Kindesalter)
- Phäochromozytomen.
Das Leitsymptom hormonaktiver Phäochromozytome ist eine schwere, therapierefraktäre Hypertonie, die andauernd oder intermittierend mit krisenhaften Paroxysmen verlaufen kann. Das klinische Bild wird geprägt von der typischen Trias:
- anfallsartige Tachykardien (Palpitationen),
- Kopfschmerzen und
- Schweißausbrüche
Weitere häufig beobachtete klinische Symptome sind Tremor und Nervosität. Manifestationen und Sekundärkomplikationen, die Hinweise auf das Vorliegen eines Phäochromozytoms geben können, sind:
- das Vorliegen einer ungewöhnlich schweren Retinopathie bei Hypertonie,
- paradoxe Blutdruckanstiege unter antihypertensiver Therapie (z.B. Beta Blocker) oder
- Manifestationen eines Hochdrucks unter Therapie mit trizyklischen Antidepressiva.
Grundsätzlich muss bei allen Patienten mit einer schwer einstellbaren Hypertonie an ein Phäochromozytom gedacht werden. Die Tumoren sind hauptsächlich im Nebennierenmark lokalisiert, können sich jedoch auch in Ganglien und Paraganglien entlang des sympathischen Grenzstrangs befinden. Die Prävalenz beträgt 0,1 bis 1% aller Hypertoniker, die Inzidenz 1 bis 2 pro 100.000 Einwohner. Etwa 10% der Tumoren treten im Rahmen von familiären Syndromen auf (z.B. multiple endokrine Neoplasie – MEN IIa, IIb). Das Phäochromozytom ist somit insgesamt eine seltene Ursache der sekundären arteriellen Hypertonie, verdient jedoch besondere differentialdiagnostische Beachtung, da andere therapeutische Konsequenzen folgen. Die Diagnose wird durch den Nachweis erhöhter Konzentrationen an Katecholaminen bzw. deren Abbauprodukten im Plasma oder im Urin, in Zusammenhang mit bildgebenden Verfahren, gestellt.
Analytik
Die Anwendung moderner chromatographischer Trennverfahren (HPLC und LCMS/MS) ermöglicht die quantitative Bestimmung der Katecholamine und ihrer Metabolite.
Basisdiagnostik: Das Screening erfolgt mittels Bestimmung der Metanephrine im Plasma. Bei einem um mehr als das Dreifache der oberen Referenzgrenze erhöhten Messwert, gilt ein Phäochromocytom als bewiesen. Bei niedriger erhöhten Werten, wird die erweiterte Diagnostik empfohlen. Im Fall normwertiger Metanephrine kann ein Phäochromozytom weitgehend ausgeschlossen werden. Bei weiterbestehendem Verdacht, sollte eine Kontrolle erfolgen.
Erweiterte Diagnostik: Bei einem grenzwertigen Ergebnis der Basisdiagnostik wird empfohlen, die Katecholamine und Metanephrine im angesäuerten 24h-Sammelurin zu untersuchen. Wenn ein Testergebnis mehr als dreifach erhöht ist, gilt das Phäochromocytom als bewiesen. Beide Testergebnisse negativ, schließen eine diesbezügliche Erkrankung aus. In einem grenzwertig erhöhtem Fall (Werte kleiner dreifach erhöht), wird zur Bestätigung der Diagnose ein Clonidintest durchgeführt. Hier verweisen wir auf endokrinologische Spezialpraxen. Sollte trotz normaler labordiagnostischer Ergebnisse der dringende klinische Verdacht auf ein Phäochromocytom fortbestehen, ist eine Wiederholungsuntersuchung anzuraten.
Probengewinnung
Zur Vermeidung falsch positiver Ergebnisse wird empfohlen, die Blutabnahme liegend nach einer 20 minütigen Ruhephase durchzuführen. Verschiedene Nahrungsmittel (Nüsse, Südu. Zitrusfrüchte, kakao-, kaffee- u. vanillehaltige Produkte), sowie physischen und psychischen Stress bitte meiden. Die Blutentnahme sollte nicht nach den Mahlzeiten erfolgen.
Es ist zu berücksichtigen, dass bei der Bestimmung der Katecholamine und Metabolite mehrere Faktoren das Testergebnis beeinflussen können. Folgende Wirkstoffe führen zu Interferenzen:
- Hohe Medikamentenkonzentrationen von Isoprotenerol frühen zu einer Erhöhung von Normetanephrin.
- Isoprotenerol vermindert 3-Methoxytyramin: Um falschnegative diagnostische Befunde zu vermeiden, sollte das Ergebnis des 3-Methoxytyramin bei Anwesenheit von Isoprotenerol nicht verwendet werden.
- Ephedrin erhöht 3-Methoxytyramin Werte stark und sollte bei Gabe von Ephedrin nicht für die Diagnostik herangezogen werden. Des Weiteren sind trizyklische Antidepres siva, Phenoxybenzyamin, Levodopa oder Amphetamine und Genussmittel (Nikotin, Alkohol) störende Faktoren.
Harn: Da es starke tageszeitliche Schwankungen in der Katecholamin-Ausscheidung gibt, muss in jedem Fall der angesäuerte 24-Stunden-Sammelurin untersucht werden. Die entsprechend mit Säure präparierten Sammelbehälter erhalten Sie auf Anfrage. Schon während der Sammelzeit ist auf eine ausreichende Durchmischung zu achten. Die Gesamtmenge und die Sammelzeit muss auf dem Laboranforderungsschein notiert werden. Nach Beendigung der Sammelperiode kann der Sammelbehälter zu uns gesandt werden. Alternativ wird aus dem Gefäß eine 10 ml-Urinmonovette abgefüllt und zu uns geschickt.
Einflussgrößen
Des Weiteren ist zu berücksichtigen, dass bei der Bestimmung der Katecholamine und Metabolite eine Reihe von Faktoren das Testergebnissen beeinflussen. So beobachtet man erhöhte Katecholaminwerte auch bei:
Allgemeinen Faktoren: psychischer und physischer Stress, Angstsituationen, Präanalytik (fehlende Urinansäuerung) Nahrungs- und Genussmitteln: Koffein, Nikotin, Alkohol, Käse, Nüsse, Süd- und Zitrusfrüchte, kakao- und vanillehaltige Produkte
Neben diesen allgemeinen Faktoren beeinflussen auch verschiedene Medikamente durch Erhöhung der endogenen Katecholaminsekretion oder exogene Zufuhr von Katecholaminen die Labordiagnostik: z.B. Nasen- und Hustentropfen, Bronchodilatoren (Theophyllin), Appetitzügler, Tetrazykline, Methyldopa, alpha-1- und beta-Antagonisten.
Erniedrigte Katecholaminwerte finden sich bei Einnahme von trizyklischen Antidepressiva (z.B. Reserpin) und Alpha-2-Sympathomimetika. Diuretika, Calciumantagonisten, ACE-Hemmer oder Angiotensin-II-Antagonisten beeinflussen die Testergebnisse nur gering. Vor der Probenentnahme sollte wenn möglich (bis auf die zuletzt genannten Stoffklassen) eine antihypertensive Therapie (in Abhängigkeit von der Stoffklasse über einen Zeitraum von mindestens 24 Stunden bis 8 Tage) vermieden werden. Ferner sollten entsprechende diätetische Maßnahmen eingehalten werden.
Abb. 1 Katecholaminmetabolismus
Material
Je nach Fragestellung:
Screening: 1 ml EDTA-Plasma
Bestätigungsdiagnostik: 10 ml angesäuerter 24h-Sammelurin
Abrechnung
Die Abrechnung der Bestimmung von Katecholaminen und ihrer Metabolite ist im Leistungsspektrum des EBM und der GOÄ enthalten.
Literatur
- „Eine bunte Palette an Symptomen“, PD Dr. med. Holger S. Willenberg, PD Dr. med. Marcus Quinkler, MMW – Fortschr. Med. Nr. 7/2010 (152.Jg.)
- G. Eisenhofer, P. Lattke, M. Herberg, G. Siegert, N. Qin, R. Därr, J. Hoyer, A. Villringer, A. Prejbisz, A. Januszewicz, A. Remaley, V. Martucci, K. Pacak, H. Alec Ross, F.C.G.J. Sweep, J.W.M. Lenders: Reference intervals for plasma free metanephrines with an age adjustment for normetanephrine for optimized laboratory testing of phaeochromocytoma, Ann Clin Biochem 2013, 50, 62-69
- M. Peitzsch, A. Prejbisz, M. Kroiß, F. Beuschlein, W. Arlt, A. Januszewicz, G. Siegert, G. Eisenhofer: Analyis of plasma 3- methoxytyramine, normetanephrine and metanephrine by ultraperformance liquid chromatography-tandem mass spectrometry: utility for diagnosis of dopamine-produ cing metastatic phaeochromocytoma, Ann Clin Biochem 2013, 50, 147-155
- Eisenhofer, Peitzsch, C. McWhinney, Impact of LC-MS/MS on the laboratory diagnosis of catecholamine- producing tumors, Trends in Analytical Chemistry (2016), doi: 10.1016/j.trac.2016.01.027