Helicobacter pylori nach der S3-Leitlinie "Helicobacter pylori und gastroduodenale Ulkuskrankheit" 2010
Die Prävalenz der Helicobacter pylori-Infektionen ist in Deutschland verhältnismäßig gering. So sind hierzulande nur 5% der Kinder und 24% der Erwachsenen infiziert. In Deutschland (wie in allen Industrieländern) liegt eine große Variation der Prävalenz in Abhängigkeit der Nationalität und dem Geburtsland vor. So wird bei Immigranten und deren Kindern eine Prävalenz von 52-86% bzw. 36-44% angegeben. Die Übertragung erfolgt von Mensch zu Mensch, wobei der genaue Übertragungsweg bislang unklar ist (die intrafamiliäre Übertragung stellt die größte Infektionsquelle dar). Es gibt keine anerkannten Präventionsstrategien. Die Rate an Rezidivinfektionen bei Erwachsenen nach erfolgreicher Therapie ist in Industrieländern niedrig (<1% pro Jahr). Mit einer Helicobacter pylori-Infektion assoziierte Erkrankungen sind die gastroduodenale Ulkuskrankheit, das distale Magenkarzinom und primäre gastrale B-Zell-Lymphom (MALT und DLBCL).
Diagnostik
Für die Diagnose einer Helicobacter pylori-Infektion stehen sowohl invasive (nur nach Ösophago-Gastro-Duodenoskopie), als auch nicht-invasive Methoden zur Verfügung.
invasiv
Urease-Schnelltest
Histologie
Kultur
PCR
nicht-invasiv
Harnstoff-Atemtest
Stuhl-Antigentest
Antikörpernachweis im Serum
Bei V.a. eine bestehende Helicobacter pylori-Infektion sind direkte Testverfahren (in-vasiv/nicht-invasiv) geeignet. Dabei ist keine Testmethode für sich allein absolut genau (so stellen z.B. eine geringe Kolonisationsdichte, Magenteilresektion, akute obere GI-Blutung oder bakterielle Überwucherung wichtige Störfaktoren dar). Für eine zuverlässige Helicobacter pylori-Diagnostik sollten zwei positive Testergebnisse vorliegen. Bei diskrepanten Befunden ist ein weiteres Diagnoseverfahren hinzu zu ziehen. Serumantikörper (als indirektes Testverfahren) können sowohl eine aktuelle als auch eine zurückliegende Infektion anzeigen. Cave: bei einer klinischen Situation würde man einen positiven Antikörpertest, der Folge einer zurückliegenden Infektion ist, als falsch positiv für eine aktuelle Infektion bewerten!
Im IMD Berlin-Potsdam werden zur Diagnostik der Antigen-Nachweis aus Stuhl und die Serumantikörper angeboten. Der C13-Atemtest wird nicht mehr im IMD durchgeführt.
Therapieindikation
Die asymptomatische Helicobacter pylori -Gastritis, Refluxkrankheit oder Helicobacter pylori -Infektion bei idiopathischer thrombozytopenischer Purpura kann einer Eradikationstherapie zugeführt werden.
Im Falle eines endoskopisch nachgewiesenen Ulkus duodeni genügt ein eindeutig positiver Urease-Schnelltest für die Einleitung einer Eradikationstherapie. eingeschränkte oder falsche Therapieindikation:
"funktionelle Dyspepsie":
Die Wahrscheinlichkeit eines längerfristigen symptomatischen Therapieerfolges liegt bei einem dyspeptischen Symptomenkomplex mit negativer Endoskopie ("funktionelle Dyspepsie") bei nur 5-10%, jedoch muss die gastrointestinale Nebenwirkungsrate von 10-25% beachtet werden. Die Entscheidung der Therapie ist individuell zu treffen.
nicht-untersuchte Dyspepsie:
bitte wenden Bei einer nicht-untersuchten Dyspepsie wird eine alleinige, nicht-invasive Helicobacter pylori-Testung mit anschliessender Eradikationsbehandlung (test&treat) in Deutschland nicht empfohlen. Eine diagnostische Abklärung ist bei allen Patienten >55 Jahren sowie bei Vorliegen sogenannter Alarmsymptome obligat (progredientes Beschwerdebild, Blutung, Anämie, unerklärter Gewichtsverlust >10%, Dysphagie, Odyno-phagie, anhaltendes Erbrechen, Lk-Vergrößerung).
Therapie
Wichtige Maßnahmen zur Verbesserung der Wirksamkeit einer Therapie sind Therapietreue, Rauchstopp und eine korrekte Verordnung. Der alleinige serologische Nachweis von Antikörpern gegen Helicobacter pylori und seine Virulenzfaktoren reicht nicht zur Therapieentscheidung aus.
Für die Erstbehandlung sollte eine mindestens einwöchige Tripel-Therapie (z.B. Italienische TT: PPI, Clarithromycin plus Metronidazol) eingesetzt werden. Die primäre Resistenzrate von Helicobacter pylori liegt in Deutschland unter 30% (Vorbehandlungen mit Antibiotika - auch bei anderer Indikation - sollten bei der Auswahl berücksichtigt werden). Claritomycinresistente Helicobacter pylori sind in Deutschland bislang noch selten. Die Medikamente sollten vor einer Mahlzeit eingenommen werden. Probiotika allein führen nicht zu einer Eradikation, können aber ggf. die Wirksamkeit bei einer wiederholten Therapie verbessern.
Zwischen Ende der Antibiotikatherapie und der Überprüfung des Therapieerfolges müssen mindestens 4 Wochen liegen. Bei Patienten mit MALT-Lymphom, Ulkus duodeni mit Komplikation und Ulkus ventrikuli muss eine Kontrollendoskopie durchgeführt werden (mit Urease-Test und Histologie).
Ist keine Kontrollendoskopie erforderlich, sollte die Eradikationskontrolle über den 13C-Harnstoff-Atemtest oder einen Stuhlantigentest erfolgen.
bei Therapieversagen:
Eine Resistenztestung nach erstmaligen Therapieversagen wird bei einer erneuten Endoskopie empfohlen. Liegen grundlegende Kenntnisse zur Wahrscheinlichkeit der Resistenzinduktion bei Therapieversagen vor, kann eine Resistenzbestimmung auch entbehrlich sein. Eine Therapiedauer von 10 Tagen ist in der Sekundärtherapie empfohlen (z.B. PPI, Amoxicillin plus Levofloxacin).
Helicobacter pylori-Infektion bei Kindern und Jugendlichen
Eine Untersuchung auf eine Infektion mit Helicobacter pylori sollte bei Kindern und Jugendlichen nur durchgeführt werden, wenn im Falle eines positiven Ergebnisses eine Therapie vorgesehen ist.
Komplikationen einer Helicobacter pylori-Infektion sind bei Kindern sehr viel seltener als bei Erwachsenen. So sind maligne Erkrankungen auf dem Boden einer Helicobacter pylori-Infektion in den ersten beiden Lebensjahrzehnten eine Rarität. Dagegen sind die Komplikationen der Eradikationstherapie in Form von gastrointestinalen Beschwerden häufig.
Zur Diagnostik einer Helicobacter pylori-Infektion bei Kindern und Jugendlichen sind der 13C-Harnstoff-Atemtest und der Antigen-Nachweis aus Stuhl geeignet. Der Nachweis von Antikörper aus Serum oder Vollblut dagegen hat eine deutlich niedrigere Sensitivität als bei den Erwachsenen und ist somit nicht geeignet.
Besonders bei Kindern und Jugendlichen sollte vor Behandlung einer Helicobacter pylori-Infektion eine antibiotische Empfindlichkeitstestung nach kultureller Anzucht durchgeführt werden.
Therapieindikation bei Kindern und Jugendlichen
Bei Kindern und Jugendlichen mit nachgewiesener Helicobacter pylori-Infektion und Ulkus ventrikuli, Ulkus duodeni oder MALT-Lymphom muss eine Eradikationstherapie durchgeführt werden. Bei Helicobacter pylori-Infektion und erosiver Gastritis/Duodenitis, Eisenmangelanämie oder Ulkus/Magen-karzinom bei Verwandten 1. Grades sollte eine Eradikation angestrebt werden.
Bei symptomlosen Kindern und einem positiven nicht-invasiven Testergebnis sollte keine Therapie erfolgen.
Entsprechend der Empfindlichkeitstestung ist bei Kindern und Jugendlichen eine einwöchige Tripeltherapie (PPI, Amoxicillin und Chlarithromaxcin oder Metronidazol) empfohlen. Liegt keine Empfindlichkeitstestung vor, muß 1-2 Wochen behandelt werden, wobei frühere antibiotische Therapien und das Herkunftsland des Kindes (lokale Resistenzlage) berücksichtigt werden müssen.