Tropomyosin-assoziierte Kreuzallergien gegen Meeresfrüchte, Milben und Insekten – Eine Information für Allergiker
Tropomyosin ist ein potentielles Nahrungsmittelallergen in Insekten, Krebstieren, Mollusken sowie dem Fischparasit Anisakis simplex. Als Atemwegsallergen wurde es ebenfalls bei Arthropoden wie Milben und Kakerlaken nachgewiesen. Die stark konservierte Sequenz von Tropomyosinen erklärt die häufig auftretende Kreuzsensibilisierung zwischen verschiedenen allergenen Quellen, die Tropomyosin enthalten. Die Relevanz einer Sensibilisierung gegenüber Tropomyosinen reicht dabei von geringen klinischen Auswirkungen bis hin zur Anaphylaxie und muss auf individueller Ebene erhoben werden.
Tropomyosin: Hauptauslöser der Meeresfrüchteallergie
Die Meeresfrüchteallergie ist eine vor allem in Küstenregionen verbreitete Form der allergischen Erkrankungen. Tropomyosin ist ein Muskeleiweiß, welches vorrangig in Krustentieren (z.B. Garnele, Hummer) und Weichtieren (Schnecken, Muscheln, Tintenfisch) vorkommt. Da Tropomyosin in 98 % aller Meeresfrüchte vorkommt, ist es der Hauptverursacher von Kreuzreaktionen zwischen verschiedenen Meeresfrüchten und gilt als Hauptallergen. Warum ist das so und was sollten Allergiker beachten?
Ursache der Meeresfrüchteallergie
Bei einer Meeresfrüchteallergie produziert der Körper spezifische IgE-Antikörper gegen eines oder mehrere der über 50 bekannten Meeresfrüchteallergene. Beim Kontakt mit diesen Allergenen binden die IgE-Antikörper an Mastzellen und bewirken die Freisetzung von Histamin und anderen Entzündungsmediatoren. Diese Kaskade, die über Histaminrezeptoren vermittelt wird, führt dann zu klinischen Symptomen.
Etwa 60 % der Betroffenen entwickeln IgE-Antikörper gegen Tropomyosin, das Hauptallergen in Meeresfrüchten. Da dieses Protein gegenüber Hitze und Verdauung resistent ist, kann es zu Reaktionen auf sowohl rohe als auch gekochte Meeresfrüchte kommen. Die Symptome reichen von Übelkeit, Erbrechen und Verdauungsproblemen über Urtikaria bis hin zu Atemwegs- und Kreislaufbeschwerden. Bis zu 40 % der Erwachsenen und bis zu 20 % der Kinder mit Meeresfrüchteallergie berichten von anaphylaktoiden Reaktionen. In einigen Fällen treten diese Reaktionen nur in Kombination mit einem zusätzlichen Kofaktor wie körperlicher Anstrengung, Medikamenten oder Alkohol auf. Dies wird als belastungsinduzierte, lebensmittelabhängige Anaphylaxie (FDEIA = food-dependent exercise-induced anaphylaxis) bezeichnet. Daher müssen Lebensmittel in Europa, die Schalentiere enthalten, entsprechend gekennzeichnet werden. Zusatzstoffe, die Proteine aus Schalentieren enthalten, wie getrocknete Garnelen oder Garnelenpaste, werden häufig als Aromastoffe in verpackten und verarbeiteten Lebensmitteln wie Instant-Nudeln und Suppen verwendet. Dies stellt eine potenzielle Quelle für unbeabsichtigten Verzehr und ungewollte Exposition gegenüber Schalentierallergenen dar.
Welche Kreuzreaktionen sind möglich?
Das diagnostisch relevanteste Allergen bei Meeresfrüchteallergien ist das Tropomyosin Pen a 1 aus Garnele (Penaeus aztecus).
Tropomyosin, das Hauptallergen in Meeresfrüchten, ist jedoch nicht auf diese beschränkt. Es kommt auch in Mollusken (z.B. Tintenfisch), verschiedenen Insekten und Milben vor, was Kreuzreaktionen, zum Beispiel mit Hausstaubmilben, ermöglicht. Die Prävalenz von Milbenallergikern, die eine Sensibilisierung gegen das Tropomyosin Der p 10 aus Hausstaubmilbe zeigen, liegt bei 5 -18 %. Es besteht demnach eine höhere Wahrscheinlichkeit, dass Patienten mit einer nachgewiesenen Sensibilisierung gegen Der p 10 auch allergische Reaktionen auf Meeresfrüchte, Insekten und Parasiten zeigen.
Mit der zunehmenden Verwendung von Insekten in der Lebensmittelindustrie wird die mögliche Sensibilisierung gegen Tropomyosine aus Insekten für Verbraucher zunehmend relevant und sollte berücksichtigt werden.
Eine weitere mögliche Kreuzreaktion auf Tropomyosin betrifft den Parasiten Anisakis simplex, der vorwiegend im Muskelfleisch von Fischen vorkommt. Durch den Verzehr von rohem oder unzureichend gekochtem Fisch kann der Parasit in den menschlichen Körper gelangen und Symptome wie Bauchschmerzen, Verdauungsbeschwerden, Fieber und allergieähnliche Reaktionen hervorrufen. Die spezifische Allergenkomponente Ani s 3 ist für den Nachweis einer möglichen Kreuzreaktion, insbesondere bei Sensibilisierung gegen Milben oder Insekten, von Bedeutung und sollte bei labordiagnostischen Untersuchungen von Beschwerden nach Fischverzehr berücksichtigt werden.
Zwar gibt es auch Tropomyosine in Wirbeltieren, zu denen gibt es jedoch keine nennenswerte allergene Kreuzreaktivität. Tropomyosine aus Wirbeltierquellen wie Knochenfischen, Rindfleisch, Schweinefleisch und Huhn sind im Vergleich zu Hummer, Garnelen, Anisakis und Kakerlaken selten allergen für den Menschen.
Weitere mögliche Auslöser der Meeresfrüchte-Allergie?
Neben Tropomyosin können in selteneren Fällen auch andere Allergene für eine Meeresfrüchte-Allergie verantwortlich sein, so z.B. das sarkoplasmatische Calciumbindende Protein (z.B. Pen m 4) oder Myosin-Leichtketten. Es gibt auch nicht-IgE-vermittelte Allergien gegen Schalentiere, die am häufigsten in Form des Lebensmittelprotein-induzierten Enterokolitis-Syndroms (FPIES = Food Protein-Induced Enterocolitis Syndrom) auftreten. Charakteristisch für ein FPIES ist starkes Erbrechen, das in der Regel 1 bis 3 Stunden nach dem Verzehr auftritt. Weitere typische Merkmale sind Durchfall, Blässe, Erschlaffung (bei Säuglingen und Kleinkindern), Unterkühlung und niedriger Blutdruck. Die spezifischen Allergene, die für FPIES durch Schalentiere verantwortlich sind, wurden bisher noch nicht identifiziert.