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Die Rolle von Candida-Hefen im Darm

Hefepilze der Gattung Candida sind opportunistische Erreger

Bei intaktem Immunsystem und einer gesunden Darmmikrobiota gehört die Gattung Candida zu den physiologischen Darmsymbionten und hat sogar durchaus positive Effekte. Es wird angenommen, dass die Besiedlung mit C. albicans an der Ausbildung des intestinalen Immunsystems beteiligt ist. Insbesondere Th17-Reaktionen, die für die mukosale Immunität wichtig sind, werden durch die Besiedlung mit C. albicans induziert und erhöhen auch die Immunabwehr gegen andere Pathogene wie Clostridioides difficile, Staphylococcus aureus oder Pseudomonas aeruginosa.

Die von C. albicans induzierte Th17-Polarisierung kann allerdings auch negative Effekte haben und z.B. entzündliche Atemwegserkrankungen verschlimmern. Bei zu starker Vermehrung von Candida-Hefen kann durch die gesteigerte Th17-Immunreaktion, die unter anderem bei der Entstehung von Autoimmunerkrankungen eine Rolle spielt, Entzündungszustände verstärkt werden. Einen wesentlichen Anteil hat dabei das von dem Pilz gebildete Toxin Candidalysin.

Patienten mit chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen (Colitis ulcerosa, Morbus Chron) haben deutlich häufiger höhere Mengen von Candida spp. im Stuhl (Abb. 1). In Tiermodellen ist außerdem vielfach gezeigt worden, dass die Anwesenheit von C. albicans im Darm die Heilungsgeschwindigkeit von entzündlichen Läsionen und Ulzerationen verlangsamt.

Abb. 1  Mittels Stuhlanalyse können Darmpilze, inkl. Candida-Spezies und C. albicans, quantifiziert werden.

Vom Darm zur systemischen Infektion

Es gibt zahlreiche Belege dafür, dass Candida im Gastrointestinaltrakt eine Hauptquelle für systemische Candidosen ist, und dass der Pilz, besonders bei immungeschwächten Patienten, in größerer Zahl die Darmbarriere überwinden und so in das Blut gelangen kann. Candida-Infektionen des Blutkreislaufs sind häufig mit einer hohen absoluten Candida-Belastung des Darms verbunden. Candida konnte bei Neugeborenen, Neutropenie-Patienten und stammzelltransplantierten Patienten vermehrt in Stuhlproben nachgewiesen werden, bevor sich eine Infektion des Blutkreislaufs entwickelte. Als Hauptrisikofaktor für die Candidämie gilt die Anwendung von Breitbandantibiotika, welche die Vielfalt der Darmbakterien dramatisch reduzieren.

Das Verhalten von Candida-Pilzen wird durch die Mikrobiota beeinflusst

Nicht allein die Besiedlung mit Candida, sondern vor allem das Verhalten des Pilzes entscheidet darüber, ob er als Pathogen zu betrachten ist oder nicht. Ob Candida die Epithelschicht durchdringen und dann systemisch wirken kann, hängt vor allem von der Bakteriengemeinschaft im Darm ab. Verschiedene Lactobacillus-Stämme können die Anheftung von C. albicans, die Biofilmbildung, die Bildung von virulenten Filamenten und die Expression von Virulenzgenen beeinflussen. In einem In-vitro-Darm-Modell konnte allein die Anwesenheit von L. rhamnosus die Translokation von C. albicans durch die Epithelbarriere unterdrücken. Es konnte außerdem gezeigt werden, dass anaerobe Bakterien aus der Familie Lachnospiraceae und der Bacteroidaceae die Anheftung von C. albicans verhindern können.

Der pH-Wert im Darm, der maßgeblich von der Zusammensetzung der Mikrobiota beeinflusst wird, hat grundlegende Auswirkungen auf die Morphologie von C. albicans. Ein saurer pH-Wert fördert das Wachstum der Hefeform, ein neutraler oder alkalischer pH-Wert fördert das filamentöse Wachstum. Dieser morphologische Übergang von der Hefeform zur filamentösen Hyphenform ist eng mit der Invasion des Pilzes durch die Epithelschicht verbunden und damit ein entscheidendes Virulenzmerkmal von C. albicans. Außerdem ändert sich die Zellwandstruktur von C. albicans pH-Wert-abhängig. In einem sauren Milieu sind immunstimulierende Bestandteile wie ß-Glucane besser zugänglich als bei neutralem oder basischem pH. Das könnte bedeuten, dass
C. albicans bei basischem pH vom Immunsystem unerkannt bleibt und sich ungehindert ausbreiten kann.

Bakterielle Metabolite, wie sekundäre Gallensäuren, haben eine direkte antimykotische Wirkung, indem sie das Wachstum, die Filamentbildung und die Anheftung an die Epithelzellen inhibieren. Auch kurzkettige Fettsäuren wie Butyrat, die von bestimmten anaeroben Darmbakterien gebildet wer-den, hemmen das filamentöse Wachstum von C. albicans. Eine bakterielle Dysbiose, vor allem mit einer Verminderung von milchsäurebildenden (Lactobacillus, Bifidobacterium) und butyratbildenden Bakterien kann einen Überwuchs von Candida also begünstigen. Diagnostisch kann das mit einer Mikrobiomanalyse (Molekulargenetisches Mikrobiotaprofil) abgeklärt werden.

C. albicans als Mineralstofffänger

C. albicans assimiliert Eisen in Form des Eisenspeicherproteins Ferritin. Das Toxin Candidalysin erzeugt Poren in den Wirtsmembranen und trägt damit vermutlich dazu bei, Ferritin aus den Epithelzellen für den Pilz leichter zugänglich zu machen. Darüber hinaus wird Zink während der Hyphenent-wicklung des Pilzes vermehrt aufgenommen. Das lässt den Schluss zu, dass eine Überbesiedlung mit Candida auch mit einem Mikronährstoffmangel einhergehen kann (Diagnostik: Vollblutmineralanalyse).

C. albicans als Schwermetallfänger

Candida-Hefen können auch dazu beitragen, toxische Schwermetalle unschädlich zu machen. Die Pilze sind offenbar in der Lage, Metallionen zu reduzieren und so in ihre weniger reaktive, elementare Form zu überführen. Es ist außerdem gezeigt worden, dass Candida-Biofilme eine extrazelluläre Matrix (bestehend aus Proteinen, Kohlenhydraten, Lipiden und Nukleinsäuren) bilden, die Metallionen binden und damit sowohl den Pilz selbst, als auch den Wirt vor ihrer toxischen Wirkung schützen kann.

Therapeutische Aspekte

Ein Überwuchs von Candida-Pilzen im Darm geht häufig mit einer bakteriellen Dysbiose, insbesondere mit verminderten säurebildenden Bakterien und Butyratbildnern einher. Auch nach Antibiosen (insbesondere mit Breitbandantibiotika) kann sich Candida durch einen selektiven Wachstumsvorteil gegenüber den Darmbakterien stark vermehren.

Da die Pilze in geringer Menge Teil der physiologischen Mikrobiota sind und auch positive Wirkungen (z.B. Stimulation des Immunsystems) haben, sollte keine Eradikation der Candida-Hefen durch Gabe von Antimykotika erfolgen. Stattdessen sollte eine Behandlung der bakteriellen Dysbiose vorgezogen werden. Das kann z.B. durch Anpassung der Ernährung mit reduzierter Zuckerzufuhr und einem erhöhten Anteil an Ballaststoffen erreicht werden. Viele anaerobe Bakterien, darunter auch die Butyratbildner, können durch die vielseitigen Ballaststoffe, die in Gemüse und Vollkornprodukten enthalten sind, in ihrem Wachstum gefördert werden. Auch Probiotika können helfen, das Wachstum von Candida im Darm zu unterdrücken. Dabei scheinen verschiedene Lactobacillus-Stämme sowie Saccharomyces boulardii effektiv zu sein.

Im Fall einer Antibiotika-Behandlung empfiehlt sich die parallele Einnahme eines Probiotikums, um die negativen Auswirkungen auf die Darmbakterien und damit den Wachstumsvorteil der Candida-Pilze abzuschwächen.

Da Candida spp. robuster als viele Bakterien gegenüber einer Exposition mit toxischen Metallen zu sein scheinen, sollte als Ursache einer Dysbiose mit einem Candida-Überwuchs auch eine Metallbelastung (z.B. durch metallischen Zahnersatz oder belastetes Trinkwasser) diagnostisch ausgeschlossen werden (Diagnostik: Multielementanalyse) und ggfls. die Quelle der Metallbelastung eliminiert werden.

Bei immunschwachen Patienten mit einer Prädisposition für invasive Candida-Infektionen (z.B. Neutropenie-Patienten) ist die Behandlung eines Überwuchses von Candida im Darm mit einem Antimykotikum angezeigt. Diese Behandlung sollte aber, ähnlich wie bei Antibiotika-Behandlungen, durch ein Probiotikum begleitet werden.

Material

Wir benötigen zwei zu je 2/3 befüllte Stuhlröhrchen. Um lagerungsbedingte Veränderungen zu vermeiden, sollte der Transport der Stuhlröhrchen ins Labor zeitnah und per Kurier erfolgen. Bitte ordern Sie unseren kostenfreien Kurier unter +49 30 77001-450.

Abrechnung

Die Untersuchung auf Pilze im Stuhl (Mykologie) kann sowohl über die gesetzliche Krankenkasse als auch über Privatkassen abgerechnet werden. Selbstzahler entnehmen den Preis der Anlayse dem PDF-Dokument.

Literatur

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